18. Kennenlerntreffen

Masken

Das 18. Kennenlerntreffen von „Leben ohne Dich“ fand diesmal vom 08. – 10. Oktober wieder in der Akademie Biggesee statt.

Mehr als vier Jahre seit dem Unfalltod meines Sohnes sind vergangen, und ich fahre das erste Mal zu einem Kennenlerntreffen von „Leben ohne Dich“. Wir begrüßten uns zögerlich oder umarmten uns spontan herzlich. Bereitgestellte Namensschilder wurden angeheftet und erleichterten von Beginn an den Kontakt zueinander.

Einige der Eltern kannten sich schon von früheren Treffen oder aus den Selbsthilfegruppen, aber insgesamt waren genauso wie ich, die meisten das erste Mal mutig dorthin gereist.

Schnell hatte ich mein Zimmer inspiziert und dann ging es auf die Suche nach dem Speiseraum für das Abendessen.

Im Anschluss daran trafen wir uns mit großer Neugier vor dem Gruppenraum. Unserem gemeinsamen Raum für die gemeinsame Zeit mit unseren Kindern, für die gemeinsame Trauer, für die Gedanken und Gefühle, die uns an diesem Wochenende begleiten sollten. Er war überaus liebevoll geschmückt mit vielen, bunten Blumen und Kerzen.

In der Mitte des Raumes lag ein Tuch mit einer großen Kerze darauf und rundherum waren 18 Sonnenstrahlen platziert mit den Namen unserer Kinder. Wir stellten eine mitgebrachte Kerze davor und ein Bild unseres Kindes auf und nahmen Platz im Stuhlkreis. Leise Musik erfüllte den Raum. Ich betrachtete betroffen und ehrfurchtsvoll die einzelnen Sonnenstrahlen, die nun auch ein Gesicht bekommen hatten: die Gesichter unserer viel zu früh verstorbenen Kinder.

Nach der Begrüßung durch Tina und Bodo und dem Hinweis auf das Thema des 18. Treffens: „Masken“, folgte bald eine kurze Vorstellungsrunde und wir entzündeten die mitgebrachten Kerzen.

Anschließend schrieben wir auf zwei Karten was wir gerne mögen oder auch nicht, und versuchten dann das Geschriebene den anwesenden Eltern zuzuordnen. Ich war erstaunt, wie viele gemeinsame Interessen es gab. Zum Glück hatte ich nicht den „Hunde-Spaziergang“ notiert.

Bodo trug noch den Text „Maske“ vor und wir beeilten uns das Kaminzimmer zu besetzen. Ein entspanntes und lockeres Beieinander beendete unseren ersten Abend, mit unserer „Lieblingsbedienung“ Katja.

Der Samstagmorgen startete für uns im Gruppenraum mit einer Befindlichkeitsrunde und wir lauschten dem Lied „Abschied“ von Thomas Werres.

Als nächstes sprachen wir gemeinsam die Namen unserer Söhne und Töchter aus und schrieben sie auf ein Namenstuch.

Danach gab es eine kurze Pause. Zwischenzeitlich verteilten Bodo und Tina verschiedene Maskenkarten im Raum und wir durften uns eine davon aussuchen. Erläuterten, warum wir uns gerade für diese Karte entschieden hatten und in einer darauf folgenden Gesprächsrunde konnten wir – besondere und glückliche Momente – aus den Leben unserer Kinder schildern. Es folgten fröhliche, auch traurige, aber immer sehr emotionale Ausführungen, die uns lächeln ließen oder von Tränen begleitet waren. Die große Sehnsucht nach unseren Kindern und dem vergangenen Leben mit ihnen war bei jedem Beitrag spürbar nah.

Nach dem Mittagessen machten viele von uns bei herrlichstem Sonnenschein einen erholsamen Spaziergang zum Biggesee, den ich nun zum zweiten Mal in meinem Leben sah.

Wir trafen uns wieder im Gruppenraum am Nachmittag und bekamen überraschend Besuch von Frank Wannof, Trauerbegleiter bei T.A.B.U. in Essen, der einige Übungen für uns bereithielt: So bewegten wir uns durch den Raum, maskiert oder unmaskiert, stellten und beantworteten Fragen zum Thema „Masken“. Danach fand ein reger Austausch über unsere Gedanken und Empfindungen während dieser Übungen statt.

Es folgte die Bohnengeschichte, vorgelesen von Bodo und der Abend klang aus mit viel Platz und guten Gesprächen im Kaminzimmer.

Am Sonntag erwartete uns dann der kreative Teil des Treffens, bei dem wir individuell Masken bemalten und auch mit Federn schmücken konnten. Es sind kleine Kunstwerke dabei entstanden.

Langsam aber sicher ging dieses Treffen dem Ende zu. Die Hymne für verwaiste Eltern „Bridge Over Troubled Water“ erklang, von mir heftig tränenreich begleitet. Wir befestigten die Karten-Botschaften für unsere Kinder an den blauen Luftballons und gingen zusammen hinaus in einen strahlenden, sonnigen Sonntag, um sie aufsteigen zu lassen.

Lange, sehr lange stand ich da. Ergriffen und wehmütig blickte ich den Ballons nach, bis sie dann am blauen Himmel nicht mehr sichtbar waren – eingetaucht in die Unendlichkeit des Universums.

Eine kurze Blitzlichtrunde folgte und die „Maske, die ich trage“ wurde zum Abschluss gelesen.

Wir verlassen unseren gemeinsamen Raum, nehmen mit die Erinnerung an die gemeinsame Zeit, angefüllt mit unvergesslichen Eindrücken und einem vielleicht neuen „Bewusst-Sein“ für die Masken, die wir tragen (müssen).

Danke Euch allen für dieses wertvolle, gelebte Wochenende mit so unendlich intensiver Nähe zu unseren Kindern.

Herzlich danke an Bodo, Tina und Ellen für das bestens gelungene Treffen, für die Unterstützung und hilfreichen Gesten.

Es grüßt Euch mit Bohnen in den Hosentaschen, neuem Schlüsselanhänger, mit einer Maske im Schrank und einem weiterhin gedeihenden Blümchen auf der Fensterbank

Manuela
mit Sven für immer dabei

Unsere Eltern mit den Namen unserer Kinder:

Stehend: Birgit (Angelika), Manuela (Sven), Monika (Marcel), Gisela (Marcel), Karl-Heinz (Eva-Angela), Lisa (Nils), Bodo, Ellen (Anne), Tina (Yannis), Manfred (Monique), Heike (Simon), Heike & Hartmut (David), Heike (Oliver), Margitta (Monique), Dieter (Tim), Frank Wannof

Knieend: Markus & Tatjana (Marcel), Katrin (Markus), Ulrike (Stephan)

Liebe Manuela: Ganz herzlichen Dank für deinen sehr schönen Bericht!
Tina & Bodo

Alle Bilder © Copyright „Leben ohne Dich“