Selbsthilfegruppe Leben ohne Dich
Wenn Eltern ihr Kind verlieren, finden sie sich nach den ersten Tagen oft isoliert in ihrer Trauer. Freunde meiden das Thema, in der Kirche darf man ja nicht weinen, bloß nicht weinen, sagen Martina H. und Elke R. Sie gründeten den Gesprächskreis Leben ohne Dich.
Sie wollen, kurz gesagt, den Umgang mit Trauer verändern. Aus der Tabuisierung des Themas erwächst ein hoher Bedarf zu Reden, sagt R., die Ruben, ihr drittes Kind von fünfen, vor zehn Jahren verlor. Es war erst sieben Monate alt. Ruhig und lächelnd kann sie darüber reden, vergessen nie: „Es grummelt in einem. Es kann nicht sein, dass dieses Kind in Vergessenheit gerät.“
Bei Martina H. sind die Wunden frischer, da gibt es schon ein wenig Wut, dass die Nichtbetroffenen damit nicht umgehen können. Dass in nächster Nähe Grenzen gesetzt sind. Ihr Yannis starb nach dreijähriger schwerer Krankheit vor einem Jahr im Alter von sieben. „Danach war keiner für uns da. Bloß nicht hingehen, die wollen ja jetzt alleine sein. Aber verstehen tut mich vielleicht Elke. Die sagt: Ich weiß, wie du dich fühlst.“
Als sie sich über eine Kindertherapeutin kennenlernten, hatten beide schon mit dem Gedanken gespielt, eine Selbsthilfegruppe zu gründen. „Es gibt riesigen Nachholbedarf und kaum Beratungsstellen“, sagt Elke R. Zum ersten Treffen brachten sie Fotoalben mit und erzählten sich ihre Geschichten.
Über eine Internetseite kamen sie in Kontakt mit 15 anderen Eltern, die ihr Kind verloren hatten. Es ist eine Gedenkseite – Fotos und Gedichte für die Kinder stehen im Vordergrund –, aber auch eine des aktiven Austauschs. Einigen reicht der anonyme Kontakt.
Über die Kirche als Anlaufstelle wollen die beiden Frauen den Gesprächskreis auf die lokale Ebene bringen. Die ev. Pastorin Irene Preuß stellte einen Raum im Martin-Luther-Haus am Hagdorn 1 zur Verfügung. Dort sind monatliche Treffen geplant.